Kategorie: #DigitalMondayBlog

Gelebter Digitaler Humanismus in Wien

Technologischer Fortschritt ist die Basis unseres Wohlstands. Dazu haben zwei Faktoren entscheidend beigetragen: Die Technologie selbst und ihre regulatorische Einhegung. Man denke an Arbeitsschutz, Arbeitszeiten, Sozialversicherungen, Kollektivlöhne, technische Standards, Sicherheitsbestimmungen, Konsument*innenschutz usw. usw. Es geht also darum, den technologischen Fortschritt zu gestalten – und genau das passiert derzeit im Bereich der Digitalisierung.

Die Warnungen, dass die Digitalisierung nicht (immer) in die gewünschte Richtung läuft, waren deutlich. Die Aussage von Tim Berners-Lee („The system is failing“) kennen wohl die meisten. Sie zeigt deutlich: Wir kennen und nutzen die offensichtlichen Fortschritte der Digitalisierung – niemand will auf diese Möglichkeiten verzichten. Aber die Schattenseiten (Hass im Netz, Suchtfaktoren, Fake News, Filterblasen, die negativen Seiten der Plattformökonomie usw.) müssen von uns adressiert werden. Auch heute gilt: Den Fortschritt nutzen und die regulatorische Einhegung vorantreiben!

Das Wiener Manifest für digitalen Humanismus

2019 formulierten Forschende aus diversen Disziplinen das Wiener Manifest für digitalen Humanismus, das von der TU Wien veröffentlicht wurde. Das Manifest ist ein Aufruf zum Nachdenken und Handeln angesichts der aktuellen und zukünftigen technologischen Entwicklung. Die Forderung der Wissenschaftler*innen sind deutlich: Technologien müssen nach menschlichen Werten und Bedürfnissen geformt werden, anstatt nur zuzulassen, dass Technologien Menschen formen.

Mit einer eigenen Broschüre hat der Magistrat der Stadt Wien den Digitalen Humanismus auf unsere Lebenswelten heruntergebrochen. In Wien setzen wir uns intensiv mit dem Thema auseinander.

Digitaler Humanismus in Wien heute

Die Verknüpfung von sozialen und technischen Innovationen hat in Wien gute Tradition und darauf können wir aufbauen. Wir wollen gestalten und wir wollen Technologien in dieser aktiven gestalterischen Rolle nutzen. Das ist historisch in Wien eigentlich immer so gewesen: Sozialer Wohnbau, die Durchsetzung von Arbeiter*innenrechten, Förderung von Bildung, Infrastrukturbau, Bekenntnis zur Inklusion und Diversität etc. Die Liste an Errungenschaften ist lang und wir sollten stolz darauf sein!

Als Stadt bleiben wir unseren gestalterischen und wegweisenden Traditionen treu. Das gilt auch für das Zeitalter der Digitalisierung. Wien hat beispielsweise den Begriff des Digitalen Humanismus im Regierungsübereinkommen der derzeitigen Regierungskoalition verankert. Auch wenn der Begriff an manchen Stellen noch etwas unscharf ist: Das ist ein klares Bekenntnis und zeigt die Haltung der Stadt. Und damit es nicht nur bei Worten bleibt, fördert die Stadt Projekte, die den Menschen in den Mittelpunkt von Digitalisierungsansätzen stellen. Auch WWTF und Wirtschaftsagentur Wien haben einen gemeinsamen Call zum Digitalen Humanismus durchgeführt, der WWTF fördert drüber hinaus Forschung in diesem Feld.

Die Europäische Dimension

Nun wird Wien nicht alleine digitale Trends beeinflussen können, weshalb das Gedankengut des Digitalen Humanismus aus Wien in die Welt getragen werden muss, um eine von der Aufklärung geprägte, europäische Haltung in die Digitalisierung zu bringen. Wir möchten den Digitalen Humanismus und seine Verankerung in der Stadt auf regionaler wie europäischer Ebene weiter diskutieren und voranbringen, und mit unseren Partner*innen die Chancen einer zielgerichteten Digitalisierung ergreifen.

Den Stil der Stadt, einer Haltung zu folgen und gemeinsam an sozial gerechten Lösungen zu arbeiten, transportieren wir auch auf europäischer Ebene. So hat sich die Stadt Wien gemeinsam mit anderen europäischen Großstädten stark engagiert, was den Digital Services Act betrifft. Auch bei Themen wie Ethik, Regulierung und digitale Souveränität nimmt die Stadt Wien eine aktive Rolle ein.

Wien zeigt auch, dass wir Ausgangspunkt spannender Entwicklungen sein können. Ich bin stolz, dass die Wiener Stadtwerke als erste Institution weltweit für den ethischen Umgang mit Künstlicher Intelligenz zertifiziert worden sind! Der IEEE 7000 Standard, ein Ethikstandard für intelligente und autonome Systeme, wurde vor kurzem veröffentlicht und maßgeblich von Sarah Spiekermann-Hoff, einer Professorin der Wirtschaftsuniversität Wien, vorangetrieben und zum Leben gebracht.

Digitalisierung mit dem Menschen im Mittelpunkt

In der Digitalisierung unserer Stadt muss das technologische Narrativ konsequent den Menschen ins Zentrum der Transformationsprozesse stellen. Der Digitale Humanismus in Wien nimmt also eine – wenn man so will – instrumentelle Haltung ein. Denn es ist ganz klar: Wir Menschen sind es, die über den Einsatz und die Entwicklung von Technologie und ihrer Wirksamkeit entscheiden. Nicht umgekehrt.


Himpele

Klemens Himpele © Albin Melez/DigitalCity.Wien

Klemens Himpele, geboren 1977 in Emmendingen/Baden-Württemberg, ist studierter Volkswirt (Universität zu Köln). Er war zwischen 2012 und 2020 Leiter der Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien und ist seit Oktober 2020 CIO der Stadt Wien. Davor war er in der Bildungsforschung, bei Statistik Austria und bei der deutschen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft tätig.

 

 

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