Kategorie: #DigitalMondayBlog

Die Wienbibliothek im Rathaus

Die Wienbibliothek im Rathaus ist einer der wichtigsten kulturellen Gedächtnisorte und zentraler Wissensspeicher für die Stadt. Bibliotheken stehen weltweit vor einem radikalen Wandel durch die Digitalisierung, die Nutzung von Bibliotheken verlagert sich ins Digitale. Sinkende Zahlen an Leserinnen und Lesern und steigende Zahlen an digitalen Nutzerinnen und Nutzern belegen auch in der Wienbibliothek diesen Trend.

„Was nicht digital vorhanden ist, existiert nicht“, hat ein junger Praktikant vor einigen Jahren zu mir gesagt. Auch wenn ich der Überzeugung bin, dass der Bibliothek als Ort der Entschleunigung und Kontemplation weiterhin eine große Bedeutung zukommen wird, gilt es dem veränderten Nutzungsverhalten Rechnung zu tragen.

Mag. Dr. Anita Eichinger, MA, Direktorin der Wienbibliothek © PID Schaub-Walzer

Gründung einer eigenen digitalen Bibliothek

Auf diese Veränderung hat die Wienbibliothek mit der Gründung einer eigenen digitalen Bibliothek reagiert. 2011 ging die Bibliothek mit historischen Adressbüchern, dem sogenannten „Lehmann“ online. Damals noch ohne Texterkennung, weil keine befriedigenden Ergebnisse erzielt werden konnten. Im Juni 2019, also acht Jahre später, ist der „Lehmann Neu“ online gegangen. Gemeinsam mit der Universität Innsbruck wurde mittels selbstlernender Software die Texterkennung des Lehmanns auf über 98% optimiert. Neben dem Lehmann stehen viele einzigartige Bücher, Plakate und Handschriften täglich weltweit kostenfrei zur Verfügung. Natürlich gilt es dabei das Urheberrecht zu wahren, daher sind die Autorinnen und Autoren der online verfügbaren Bücher seit mindestens 70 Jahren verstorben.

Wien Geschichte Wiki
Gemeinsam mit dem Wiener Stadt- und Landesarchiv wurde das Wien Geschichte Wiki aufgebaut, das auf dem „Historischen Lexikon Wiens“ von Felix Czeike basiert. Im September 2014 ging es mit 27.000 Artikeln und knapp 3.000 Bildern online. Heute stehen wir bei mehr als 43.000 Einträgen und fast 9.500 Bildern. Das Wiki ermöglicht den gezielten thematischen Zugang zur Wiener Geschichte und Kultur, in dem es u.a. punktgenau in die Bestände der Wienbibliothek im Rathaus und des Wiener Stadt- und Landesarchivs leitet und digitale Quellen anbietet. Mittels Karten können Inhalte im Wiki georeferenziert dargestellt werden, was die Art des Zugangs zu den Inhalten um eine Facette reicher macht. Das Wiki ist nicht nur ein fundiertes Online-Lexikon zur Geschichte der Stadt, sondern lädt zum Mitmachen ein. Von Anfang an war uns klar, dass ein Lexikon dieser Art nur durch Kollaboration ein Erfolg sein kann. Die Realität gibt uns Recht, das Netzwerk an am Wiki Mitarbeitenden wird größer und immer mehr Institutionen sehen den Mehrwert ihre historischen Forschungsergebnisse ins Wien Geschichte Wiki einzutragen und es mit ihrem Wissen zu erweitern und zu verbessern.
Damit die Inhalte genutzt werden, müssen sie auch im Digitalen frei zugänglich und zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung stehen (im Sinne der Open Government Data Policy der Stadt Wien). Insofern versteht sich die Wienbibliothek natürlich auch als Partnerin für Universitäten und Forschungseinrichtungen, die sich vestärkt in Digital Humanities Projekte einbringen will. Digitalisierung eröffnet neue Wege der Vermittlung und Partizipation. Partizipations- und Kollaborationsprojekte wie das Wien Geschichte Wiki müssen verstärkt werden, damit der Brückenschlag von in der Stadt geschaffenem Wissen zu den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt besser gelingt.

Digitalisierung kann nur kooperativ gelingen
Der „smarte“ Weg der Digitalisierung ist eine Kooperation von Bibliotheken, Archiven und Museen. Ein gemeinsames, niederschwelliges, digitales Kulturportal für Wien muss meiner Meinung nach das strategische Ziel der verschiedenen städtischen Digitalisierungsvorhaben sein. Durch Kontextualisierung bisher getrennter Inhalte ergibt sich im Digitalen eine neue Sammlungsqualität. Dazu bedarf es vor allem der engen Kooperation mit dem Wiener Stadt- und Landesarchiv und dem WienMuseum, aber auch mit Literaturarchiven, anderen Bibliotheken und der internationalen Community. Digitalisierung kann nur kooperativ gelingen.


Anita Eichinger leitet seit 2009 die Stabsstelle „Digitale Services“ der Wienbibliothek im Rathaus. Seit März 2019 ist sie Direktorin der Wienbibliothek.

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