3. DigitalCity.Wien AI Vernetzungstreffen
Potentiale zu AI-Anwendungen in der Medizin in Wien
Donnerstag, 25. Juli 2019 / 17:00 Uhr /
Wiener Planungswerkstatt, Friedrich-Schmidt-Platz 9, 1010 Wien
Am 25. Juli 2019 fand das 3. AI Vernetzungstreffen der DigitalCity.Wien zum Thema Gesundheit in der Planungswerkstatt statt. Über 55 TeilnehmerInnen nutzten trotz der Sommerhitze die Chance spannende Vorträge von Siegfried Meryn und Stefan Thurner sowie Pitches anzuhören und anschließend eigene Ideen in einem interaktiven Workshop einzubringen.
Rückblick
Keynote Prof. Siegfried Meryn (Medizinische Universität Wien und Unterstützer von Health.DigitalCity.Wien)
In seinem Vortrag “AI und Medicine Tu felix Austria, quo vadis?”, der einen Denkanstoß für die gesamte Veranstaltung darstellte, brachte Meryn einen spannenden Überblick über das Thema Gesundheit und neue Technologien. Dabei widmete er sich mehreren brandaktuellen Fragestellungen, wie beispielsweise der Zukunft der Kombination von Medizin und AI. Seine ersten Gedanken zu AI beschrieb Meryn mit diesem Video.
Für die Stadt Wien gelte es laut Meryn von anderen Vorreiterstädten wie Montreal, Singapur und Helsinki zu lernen. Die Landesgrenze höre bei der medizinischen Versorgung nicht an der Ortstafel auf und Wien sollte weiterhin als Drehscheibe und Plattform für medizinische Innovation wahrgenommen werden. Auch die Potenziale von Standortbemühungen um ein EU-AI Cluster sowie ELGA wurden diskutiert.
Ein zukünftiges spannendes Feld sei “deep phenotyping”, die präzise und umfassende Analyse phänotypischer Anomalien, bei der die einzelnen Komponenten des Phänotyps beobachtet und beschrieben werden, um die bestmögliche Versorgung für alle PatientInnen anzubieten.
Als Mitglied der Bioethikkommission ist Meryn natürlich der Datenschutz ein Anliegen, und so sieht er beim Thema Privacy Bedarf für ein non-profit Modell für Europa als Gegengewicht zu den amerikanischen Modellen.
Des Weiteren merkte Meryn an, dass eine „Kultur des Scheiterns“ in Wien akzeptiert und gelebt werden sollte, da diese auch zu guten Ergebnissen führen könnte.
Der Wiener Weg, also welche Rolle Wien bei “digital health” spielen kann – wohin die Ausbildung gehen soll, wie es mit der Pflege aussieht, wie man die Angst vor neuen Entwicklung nimmt – soll in der neuen Veranstaltungsreihe zu Digital.Health diskutiert werden. Das Kick-Off Event findet am 17. Oktober 2019 statt. Weitere Infos dazu folgen demnächst.
Meryn schloss sich am Ende der Prognose von Karl Valentin an “Sicher ist, dass nichts sicher ist.”
Keynote Prof. Stefan Thurner (Medizinische Universität Wien, Section for Science of Complex Systems)
Stefan Thurner vom CSH sprach über konkrete AI-Anwendungen. Am Anfang zog er den Vergleich zum Hype-Vorgänger Big Data. “Big Data ist, wenn wir alle wissen können was wahr ist. Bis dahin sei es aber noch ein weiter Weg, bzw. hat jener auch Schattenseiten, siehe Citizenscore in China, und steht damit direkt im Widerspruch zu Artikel 12 UDHR.”
Thurner verwies auf die Unterscheidung zwischen “Machine learning”, diese Technologie sei sinnvoll, wenn sich die Daten nicht verändern wie beispielsweise bei der Bilddiagnose und “Complexity Science”, hierbei ginge es eher darum, dass wenn die AI ein Muster erkennt, deren Herkunft verstanden werden muss. Die Kombination beider führe dann zu “understandable AI”, und das sei laut Thurner die Riesenchance.
Als konkretes Beispiel nannte er die Forschungsarbeit an “national health claims”. Dazu verwendet sein Forschungsteam einen weltweit einzigartigen Datensatz (17 Jahre Daten „national medical claims data, 100 Mio. Lines) zur Netzwerk-Analyse für Krankheitsverläufe über die Jahre, um die Kausalität (Comorbidity network) und nicht nur die Korrelation darzustellen. (z.B. Epigentik von Diabetikern, ein Beispiel zeigte wie sich die Hungersnöte in Österreich auf Babys auswirkten slides 28). Weitere Beispiele wären die Projekte “Highway to hell – predicting disease trajectories” und “Patient flow”, bei dem die Wege von PatientInnen zu deren Behandlungszentren gezeigt werden. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit der Resilienz des österreichischen Gesundheitssystems und wann gewisse Kipppunkte, wie z.B. Kollabierung bei der Ärtzepraxenterminvergabe, eintreten. Dazu können für die Anschauung artifizielle (deanonymisierte) Gesundheitswelten gebaut werden.
Diese Tools wären für die Planbarkeit und die Transparenz des Gesundheitssystems, dank der trockenen Abbildung der Fakten, laut Thurner fanatisch.
Eine kritische Anmerkung „wie gut es wird, oder wie gut es nicht wird“, gab es anhand des Beispiels des beeindruckenden Datensatzes von über 2 Millionen Rindern “multilayer animal disease network for cows”, wo es trotz massiv intensiveren Daten (Sensordaten über Mageninhalt, hier gibt es keine Datenschutzprobleme, bzw. die Komplexität ist aufgrund der eingeschränkten möglichen Krankheiten kleiner) noch viele offene Fragen gäbe.
Pitches
Richard Ljuhar stellte das Imagebiopsy Lab vor.
Neben einem klassischen Pitch gab es von Ljuhar auch einen Aufruf zum Data-Sharing der verschiedenen Krankenanstalten für Forschung und Entwicklung. (Slides p12)
Irene Fialka und Fredrik Wendschlag (Uniqa) stellten den INITS Health Hub vor. Patch 4 beginnt im September 2019.
Erhard Hackl präsentierte KML Vision und deren Bildauswertung sowie Datenmanagement bzw. die Nachvollziehbarkeit der Bilder. Ein Diskussionspunkt waren die gesetzlichen Rahmenbedingungen, um die Daten trainieren zu können. Dabei fiel das Stichwörter Sandbox und Wettbewerbsnachteile, wegen nicht vorhandenen Spielräumen bzw. vorhandenen Hürden des nicht vorhandenen Data Sharings. (Bsp. Pathologiedaten und Vergleich zu Weissrussland und Ungarn.
Bogdan Pirvu präsentierte mit dem Projekt Wartenummer.at, eine Softwarelösung durch die man sich eine Wartenummer digital ziehen kann und dann aktualisierte Wartezeit-Prognosen bis zum tatsächlichen Termin bekommt. Dies ermöglicht die Nutzung der Wartezeit außerhalb des Wartezimmers. Seneca: „Non exiguum temporis habemus, sed multum perdidimus.“ – „Wir haben nicht wenig Zeit, sondern wir vergeuden viel davon.“
Der Biz Angel Johann Steszgal stellte myBioma vor, bei dem es um die Vermessung des Microbioms des Menschen geht. Die Hälfte dieser Bakterien sind noch nicht klassifiziert, u.a. die European Microbeam Database soll hier Abhilfe schaffen. Der langfristige Ausblick von myBioma umfasst die damit verbundene Plattformökonomie.
Workshop
Beim Workshop wurden 3 Bereiche erörtert: Rahmenbedingungen – Projektvorschläge, Daten und Modelle – Wiener Weg
Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Workshop-Ergebnisse.
Wir bedanken uns als Smart City Wien Agency & Koordinationsstelle der DigitalCity.Wien im Namen von CIO Ulrike Huemer, gemeinsam mit AI-Austria, für das große Interesse am 3. Community-Treffen sowie bei der Wiener Planungswerkstatt für die Gastfreundschaft. Weiters bedanken wir uns bei allen Vortragenden für die interessanten Beiträge und das Zurverfügungstellen ihrer Präsentationen, und verlinken in diesem Sinne auf Folien von Dritten (Urheberrechte liegen nicht bei Urban Innovation Vienna).
Gerne laden wir Sie bereits heute ein, sich den Termin für das Kickoff-Event unserer speziellen Health.DigitalCity.Wien Veranstaltungsreihe am 17. Oktober 2019 vorzumerken!
Das Projektteam dieser DigitalCity.Wien-Initiative besteht aus AI Austria, als Unterstützung der DigitalCity.Wien-Community, Wirtschaftsagentur und der Stadt Wien. Die Vernetzungstreffen haben das Ziel, für relevante und interessierte Akteure der Stadt Wien, der Bildungs- und Forschungseinrichtungen und der Privatwirtschaft, AI-Themen interdisziplinär zu diskutieren, Synergien zu finden und Projekte anzustoßen. Die Treffen konzentrieren sich stets auf aktuelle Themen, wie z.B. Forschung und Aus- und Weiterbildung und Mobilität.
Es ist unser gemeinsames Ziel, ein AI-Netzwerk in Wien zur Nutzung von Synergien und zur Entwicklung lokaler Maßnahmen und Umsetzungsaktivitäten aufzubauen. Melden Sie sich gerne mit Ihren Ideen und Anregungen zum Thema „Anwendungen von AI in einer Smarten Stadt“!
Fragen? Das Team von Urban Innovation Vienna beantwortet diese gerne!