Virtual Reality im Schulunterricht
Virtual Reality (VR) hat das Potenzial sich als ein praktikables e-Learning Medium im Bildungssektor zu etablieren. Dies habe ich im Rahmen meiner Diplomarbeit für das Lehramtsstudium Geographie & Wirtschaftskunde herausgefunden.
Zentrale Fragestellungen meiner Forschung waren: die Darlegung der optimalen Verwendung von VR Medien im Schulunterricht sowie die Konzipierung einer Lernanwendung im Medium der virtuellen Realität für den Geographie & Wirtschaftskunde Unterricht.
E-Learning Medien, wie beispielsweise Moodle, YouTube oder Kahoot sind in den österreichischen Klassenzimmern weitgehend etabliert, da diese eine einfache Bedienbarkeit aufweisen und einen pädagogischen Mehrwert bieten. Die für den Einsatz notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen, wie ein Computer, der drahtlose Internetzugang und ein Beamer sind in den meisten Klassenzimmern vorhanden und Lehrkräfte weisen die Kompetenz für den didaktischen Einsatz dieser Medien auf.
Historisch gesehen beschreibt der Begriff VR lediglich die Darstellung von virtuellen Inhalten, wobei heutzutage darunter ein immersives VR verstanden wird. Immersion vermittelt dem Benutzenden das Gefühl des “Umschlossenseins” in einem virtuellen Raum. Diese künstliche Umgebung ermöglicht dabei ein exploratives Lernen, wo naturwissenschaftliche und gesellschaftliche Phänomene räumlich visualisiert werden. Hierin liegt der pädagogische Mehrwert und das Potenzial von VR im Schulunterricht.
VR Medien bedingen zur Konsumation eine entsprechende Brille, was eine infrastrukturelle Barriere darstellt. Um den Eintritt in die virtuelle Realität dennoch möglichst einfach zu gestalten, veröffentlichte Google im Jahr 2015 die Google Cardboard. Dabei handelt es sich um eine einfache Kartonbrille mit zwei Linsen, welche in Kombination mit einem Smartphone ein immersives mobiles VR ermöglicht. Der Bildschirminhalt des Smartphones wird in zwei Hälften geteilt, wodurch ein stereoskopisches Bild entsteht und das räumliche Sehen ermöglicht. In Kombination mit den Lagesensoren der Smartphones wird das Interagieren bzw Bewegen im virtuellen Raum möglich und damit ein hoher Grad an Immersion erreicht. Die Brillen funktionieren unabhängig von Größe und Marke der Smartphones.
Heutzutage gibt es viele Anbieter und Varianten solcher VR Brillen für Smartphones (im Zug einer Aktion der Wiener Volkshochschulen wurden zu Beginn des Jahres 25.000 hochwertige passiven VR-Brillen an Wienerinnen und Wiener verteilt). Kostengünstige und einfach handhabbare passive VR Brillen in Kombination mit den mobilen Endgeräten, welche entweder im Eigentum der Lernenden selbst (Bring Your Own Device – BYOD Konzept) oder der Bildungseinrichtung stehen, bilden somit die niedrigst denkbare Barriere für den Einsatz von Virtual Reality in den Schulklassen ab.
Ist das Hardware Problem somit überwunden, stellt sich in Gesprächen mit Lehrkräften heraus, dass es einen eklatanten Mangel an lehrplanorientierten Lernanwendungen für VR gibt. Dieses Argument schlägt sich auch in meiner Forschung nieder, womit das Medium von Lehrkräften häufig als “Spielerei” degradiert wird.
Schade, denn die Vorteile einer ausgewogenen Nutzung von unterschiedlichen Medien im Unterricht liegen klar auf der Hand: Inklusion verschiedener kognitiver Lerntypen, die gesteigerte Motivation der Lernenden durch Einbindung moderner Medien, Einsatz neuer Unterrichtsmethoden, etc. Nicht zuletzt fordert der Grundsatzerlass der Medienbildung die Einbindung einer vielfältigen Medienlandschaft im Unterricht.
Diesen Mangel an Lernanwendungen versucht mein Projekt VRoodles – Virtual Reality Doodles zu füllen. Es handelt sich um eine Webseite, welche eigens entwickelte VR Lernanwendungen für den Unterricht bereitstellt und im Zuge der Forschungsarbeit entstanden ist. Die Lernanwendungen setzen keine App Installation auf den Endgeräten voraus, sondern die Anwendungen laufen zur Gänze in jedem gängigen Webbrowser, unabhängig vom Endgerätetyp (Smartphone, Tablet, …), Betriebssystem (Linux, Windows, Android oder iOS) oder Displaygröße (Monitor, Beamer, Digitale Tafel). Ein immersives VR wird jedoch nur am Smartphone in Kombination mit der VR Brillen erreicht.
Ein in der Praxis approbiertes Unterrichtsszenario wäre somit, dass die Lehrkraft das Lernthema über den heutzutage Klassenlaptop an die Tafel projiziert und mit den Schülerinnen und Schülern erstmals kontextualisiert. Danach werden die passiven VR Brillen ausgeteilt und die Lernenden rufen die Webseite mit ihrem Smartphone auf. Zusätzlich werden Arbeitsblätter ausgeteilt, um kompetenzorientierte Aufgabenstellungen mithilfe der immersiven Lernanwendungen zu lösen.
Im Zuge der Digital Days im Oktober 2018 konnten die VRoodles Lernapps erstmals einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden und sind auf wohlwollendes Interesse seitens der Lernenden und Lehrenden gestoßen. Bis dato werden in erster Linie Geographie & Wirtschaftskunde Lehrplanthemen abgedeckt, vor allem für die Sekundarstufe 1 und 2.
Die Idee ist in Zukunft eine Unternehmensgründung durchzuführen, um die Weiterentwicklung sowie Forschung von Virtual Reality im Bildungssektor zu garantieren und auf weitere Unterrichtsfächer auszubauen. Dahingehend bin ich aktuell auf der Suche nach Mitgestalterinnen und Mitgestaltern dieses Projekts.
Ich möchte zum Abschluss darauf hinweisen, dass im Zuge der Digital City Wien Bildungsinitiative eine kostenlose Unterrichtseinheit gebucht werden kann. Natürlich können aber die Lehrkräfte auch schon jetzt die VRoodles Lernanwendungen selbstständig im Unterricht einsetzen.
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Matthias Treitler ist Masterstudent der Kartographie & Geoinformation an der Universität Wien. Er schloss das Lehramtsstudium für Geographie & Wirtschaftskunde sowie Geschichte, Sozialkunde & Politische Bildung an der Universität Wien 2018 ab. Aktuell arbeitet er als Software-Entwickler und im Rest seiner Zeit an dem VRoodles Projekt.