Digitalisierung: Ja klar, oder?
„Wir müssen digitaler werden.“ Das ist im Jahr 2018 einer der häufigsten Sätze, die man als Kommunikationsberaterin von den KundInnen zu hören bekommt. Meist bedeutet es jedoch für die betreffenden Unternehmen oder Organisationen nichts Anderes als: „Wir müssen auf Facebook aktiv sein.“ Schade, denn der wahre Benefit der Digitalisierung der Kommunikation liegt in der Verknüpfung und Integration der Kanäle – online UND OFFLINE.
Regelmäßige Postings – egal, ob auf Facebook, LinkedIn, Twitter oder Instagram – bringen genau gar nichts, wenn sie nicht integriert, also aufeinander abgestimmt, sind oder schlichtweg am sonstigen Kommunikationsstil des Unternehmens vorbeigehen. Eine Strategie muss also her. Aber wie? So simpel die entscheidende erste Frage klingt, so schwer ist sie für die meisten KundInnen zu beantworten: „Wem erzähle ich was, wann, wie und auf welchem Kanal?“ Dazu kommt die zweite Frage, nämlich: „Wozu erzähle ich es?“ – also welches Ziel möchte ich erreichen? Mehr Umsatz, ein besseres Image als Unternehmen selbst oder als Arbeitgeber, gesteigerte Brand Awareness (Markenbekanntheit) oder eine klare Positionierung am Markt?
Je nach Ziel(en) und Zielgruppe(n) werden die Kanäle, die Messages und die Wort-Bild-Sprache ausgewählt.
Zur Veranschaulichung hier einige Beispiele aus meinem Arbeitsalltag:
Beispiel 1:
Ein Hersteller für Garten- und Haushaltsprodukte möchte mit klassischer Medienarbeit die Umsatzzahlen steigern und scheut auch nicht davor zurück, hochpreisige, bezahlte Anzeigen zu schalten – mit riesigen Streuverlusten. Für Instagram eigenen sich die Produkte nicht, da sie erklärungsbedürftig sind. LinkedIn ist für das Unternehmen nicht relevant, da es hier weder eine Imagesteigerung noch einen zusätzlichen Absatzkanal für seine Aktivitäten bekommt. Facebook scheint die beste Option zu sein: gezieltes Targeting ist dank Interessen wie „Haus und Garten“, Wohnort und vielen weiteren Merkmalen möglich. Außerdem gibt es auf der Plattform bereits aktive Hobbygärtner-Communities, die man ansprechen kann. Doch soll man die User tatsächlich nur mit Produktfotos zuspamen? Nein! Eine ergänzende digitale Plattform muss her. Wir haben uns nach kurzem Überlegen für einen Unternehmensblog entschieden, in dem die Produkte vorgestellt werden und die Profis aus dem Unternehmen Tipps und Tricks fürs Gärtnern gegeben. Der perfekte Content für Facebook!
Beispiel 2:
Ein internationaler Technologiekonzern präsentiert auf einer großen Branchenleitmesse seine neuesten Produkte. Wir alle haben die Inszenierungen der Apple-Produktvorstellung durch Steve Jobs noch gut in Erinnerung. Und das, weil die Medien darüber berichtet oder wir uns selbst dank Zeitverschiebung zu kuriosen Zeiten die Präsentationen via Live-Stream angesehen haben. Mein Kunde möchte nun ein Public Viewing zur eigenen Produktpräsentation veranstalten: ein Live-Stream im eigenen Store. Ich werde hellhörig: Warum nur für etwaige BesucherInnen streamen, wenn auf Facebook die ganze, 6-stellige Followerschaft zusehen könnte? Die besten Medienberichte oder der Live-Stream im Store vermitteln beide nicht unmittelbar die Atmosphäre einer solchen Präsentation UND erreichen gleichzeitig die größtmögliche Anzahl an Leuten. Fazit: Ein Live-Stream auf Facebook muss her!
Beispiel 3:
Eine Beautyklinik setzt seit einem Jahr auf Social Media-Marketing. Die nicht-invasiven Behandlungen wie Peelings oder Radiofrequenztherapien werden mit Blogbeiträgen auf Facebook präsentiert. So weit, so richtig. Doch was ist mit Instagram? Die Zielgruppe ist stark ästhetisch orientiert, Lifestyle-orientiert und visuell gut erreichbar. Also Instagram-Konto eröffnen, Lifestyle-orientierte Postings in den bestehenden Redaktionsplan einpflegen und flankierend zu den auf Facebook aktuellsten Behandlungs-Vorstellungen Bilder und Stories (hier kann man sogar auf den Blogbeitrag verlinken) posten.
Ich könnte noch unzählige Beispiele aufzählen, die etwa veranschaulichen, dass die beste PR-Aktion wie ein Flashmob oder ähnliches, nur halb so erfolgreich sind, wenn sie nicht von Social Media-Aktivitäten flankiert sind.
Fakt ist: Gutes Marketing war noch nie so einfach und gleichzeitig so schwierig wie in Zeiten der Digitalisierung der Kommunikation. Denn: Wem erzähle ich was, wann, wie und wozu auf welchem Kanal?
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Stefanie Kurzweil ist Kommunikationsberaterin und seit 2017 mit ihrer Kommunikationsagentur Semicolon Relations selbstständig. Sie begleitet Unternehmen und Organisationen bei sämtlichen Kommunikationsagenden, mit einem starken Schwerpunkt auf digitale Kommunikation: PR/klassische Medienarbeit, Social Media-Kommunikation, Event-Kommunikation und vieles mehr.