Österreich 4.0 – Brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz?
Erst die Cloud, dann das Internet of Things (IoT), heute Industrie 4.0 und Bildung 4.0. In den letzten Jahren vergeht kaum ein Tag, ohne dass ein neuer Begriff rund um die Digitalisierung unserer Ausbildungs-, Arbeits- und Freizeitwelt den Weg in die Schlagzeilen findet.
Was damit zum Ausdruck kommt, sind die vielfältigen Änderungen, die auf uns alle und in kurzer Zeitabfolge zukommen. Der Wandel betrifft uns alle, Organisationen und Unternehmen, aber natürlich auch Städte und Staaten. Wie gut sind wir in Wien und Österreich auf einen disruptiven Wandel, auf völlig neue Geschäftsmodelle und einen nahezu unendlichen Bedarf an analytischen Informatikkenntnissen sowie Programmier-Know-how vorbereitet? Wissen wir ausreichend Bescheid über die neuen Arbeitswelten von morgen? Verfügen wir über die notwendigen Skills und Kompetenzen, um rechtzeitig zu erkennen, wie sich die verschiedenen Branchen durch die voranschreitende Digitalisierung verändern werden? Haben wir den Mut, neue Wege zu gehen und das Selbstbewusstsein, aus zwischenzeitlichem Scheitern zu lernen?
Noch vor ein paar Jahren hätten wir viele dieser Fragen mit einem klaren Nein beantwortet. Dann startete Wien mit „DigitalCity.Wien“ ein partizipatives Programm, das allen BürgerInnen dieser Stadt die Gelegenheit zur Gestaltung und Mitbestimmung bot und mit der Digitalen Agenda Wien eine erste Richtung festlegte. Das Besondere an dieser Digitalen Agenda, neben der Integration weiter Teile der Bevölkerung, ist die Zusammenführung von Zieldefinitionen mit praktischen (Pilot-)Projekten, was ein gemeinsames Lernen durch ein „miteinander Tun“ ermöglicht. Will man einen Beitrag leisten, kann man einfach andocken und sich beteiligen.
Auf Landesebene haben wir seit wenigen Tagen die erste Digitale Roadmap Austria. Da finden wir erste mögliche Leitprinzipien und Visionen für die Zukunft. Die geplanten Handlungsfelder und Maßnahmen sollten auf Basis offener Zusammenarbeit vieler Stakeholder um (Pilot-)Projekte mit konkreten Zielen und Meilensteinen ergänzt werden.
ICT Austria ist seit den ersten Tagen mit allen seinen Mitgliedsunternehmen an beiden Initiativen, aber auch vielen anderen, beteiligt. ICT Austria ist ein Zusammenschluss Österreichischer ICT Unternehmen und wurde mit dem Ziel gegründet, die Österreichische Wirtschaft zu stärken. Besonders wichtig ist uns die Ausschöpfung der Möglichkeiten der Digitalisierung für den Erhalt und Ausbau der lokalen Wertschöpfung sowie zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in Österreich. Um unsere technologische Spitzenposition durch unsere Großunternehmen, besonders aber auch der mittelständischen Wirtschaft, Stichwort: „hidden champions“ abzusichern, müssen wir vor allem ICT Know-how in Österreich behalten, viele zusätzliche Skills und Kompetenzen für weite Teile der Bevölkerung aufbauen und mehr Mädchen und Frauen für die neuen Technologien interessieren. In Kooperation mit internationalen Organisationen müssen wir neue Exportpotenziale rund um ICT identifizieren und realisieren. ICT Austria bietet dafür eine für alle Österreichischen Unternehmen und Organisationen offene Platzform zur Stimulierung eines digitalen Öko-Systems. Unsere Mitglieder forschen, entwickeln und vermarkten gemeinsam, große Unternehmen genauso wie Startups. Neue Mitglieder sind jederzeit herzlich willkommen und erhalten als Bonus den kostenlosen Zugriff auf das globale Know-how des INDUSTRIAL INTERNET CONSORTIUMS und Zugang zu dessen weltweiten Arbeitsgruppen. ICT Austria ist das erste Österreichische Mitglied dieses weltumspannenden Netzwerks, erste Informationen finden Sie hier: www.iiconsortium.org.
Wie unsere Zukunft in Österreich aussehen wird, wird von unserem Wissen und unseren Taten im Bereich der Digitalisierung bestimmt werden. Dafür brauchen wir nicht nur einen ganzheitlichen Masterplan, sondern vor allem Umsetzungs-Excellence auf Basis vieler Projekte in engem Schulterschluss der Politik mit der Österreichischen Wirtschaft. Denn ohne lokale ICT Kompetenzen, Softwareprodukte und Lösungen sind wir bald nur mehr Beifahrer und bestenfalls Nutzer neuer Technologien. Nur zu wissen, wie wir am Smartphone richtig „wischen“, schafft weder Wertschöpfung noch Arbeitsplätze. Das „Outsourcen“ kompletter IT Abteilungen an globale Cloud-Anbieter zur kurzfristigen Kostensenkung verschärft die Lage und vernichtet langfristig Know-how. Wir müssen uns daher rasch wieder unserer Tugenden besinnen und verstärkt (lokal) produzieren, anstatt primär zu konsumieren.
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Wolfgang Horak ist Mitgründer und Geschäftsführer von ICT Austria, Center für Business Technology, einem Zusammenschluss Österreichischer ICT Unternehmen. Er ist auch Generalsekretär des Österreichischen Open Source Vereins OSSBIG sowie Eigentümer und CEO des ICT Beratungsunternehmens WHMC e.U. Davor war Wolfgang Horak Senior Vice President South Eastern Europe bei Siemens und Fujitsu. In seiner über 40-jährigen ICT Laufbahn war er auch 10 Jahren im Ausland und bei amerikanischen, deutschen und japanischen Konzernen in leitenden Funktionen tätig.